Freitag, 11. Mai 2012

URLAUB AUF DEM LANDE (IN KUMI)

vor diesem ganzen Red–Cross–Week–Gedödel war ich außerdem zu Besuch bei Frank, dem Freiwilligen aus Kumi. er und Jandra wohnen am nördlichsten von uns allen, etwa vier Stunden von Jinja entfernt. alles schon ein paar Wochen her, aber besser spät als nie!

Stämme in Uganda, 
rechts mitte / oben die Iteso
Kumi ist Teso–Gebiet. die Iteso sind ein ugandischer Stamm wie die Basoga oder Baganda, die wir ja schon kennen. während die beiden letzteren zu der Ethnie der Bantu gehören, gehören die Teso zu den Niloten. (Ethnie > Stamm > Clan > Familie.)
als die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien die ugandischen Landesgrenzen zog, waren ihr die Bewohner wohl relativ Latte, denn wie man (weiter unten) sieht, gehören die nördlichen und südlichen Bewohner Ugandas nicht nur zu verschiedenen Stämmen, sondern auch zu verschiedenen Ethnien.
die nilotischen Völker im Norden unterscheiden sich sehr von den Bantu–Völkern im Süden. kein Wunder, hätten sie die Tommys nicht zusammengeschmissen, hätten sie ja auch gar nichts miteinander zu tun!

allgemein gesprochen sind die Niloten halbnomadische Rinderhirten, während die Bantu sesshaft sind und Landwirtschaft betreiben.

Ethnien in Uganda: Bantu / Niloten
Frank zufolge finden die Iteso, die lose mit den kenianischen Massai verwandt sind, die Baganda außerdem würdelos und kindisch. denn: Baganda machen ja alles für Geld. zum Beispiel arbeiten. matatus mit Körbchen voller Obst hinterherrennen, damit die Insasses etwas kaufen, habe ich um Jinja herum schon oft beobachtet.  
ich wusste nur nicht, dass das von den Nordlern so scharf verurteilt wird?! diese bewegen sich mit ihren Obstkörbchen keinen Zentimeter vom Straßenrand weg, habe ich festgestellt. 

aber Arbeit ist bei den Iteso traditionell eh Frauensache, während der Mann an sich dem Rind beim Grasen zuguckt, Massai–style. 

Frank hat mir außerdem diese interessante Legende erzählt: als vor Jahrtausenden die Niloten (oder wie auch immer sie dann noch hießen) aus Äthiopien auswanderten, blieben die, die später der Stamm der Karamajong werden sollten (die die sich immer gegenseitig die Rinder klauen oder von der Lord's Resistance Army geschnetzelt werden), im Norden von Uganda stehen und siedelten sich dort an. „karamajong“ bedeutet laut Legende „die Alten, die nicht mehr laufen können“.

Ethnien auf dem afrikanischen
Kontinent: Bantu / Niloten
(Uganda liegt rechts, über dem 
Viktoria–See)
die, die später die Iteso werden sollten, trauten sich noch weiter in Nähe des Viktoria–Sees. passt bloß auf, wurde ihnen gesagt, wenn ihr noch südlicher geht, dann machen euch die Baganda fertig. aber macht nur, dann seid ihr jetzt eben schon so gut wie tot! „teso“ bedeutet also so viel wie Leiche.

Luganda und Lusoga, was man in Jinja spricht (Jinja liegt im Königreich Busoga, an der Grenze zu Buganda), sind Bantu–Sprachen, Ateso ist eine nilotische Sprache. es klingt vollkommen anders als Luganda, was ich mittlerweile wenigstens ein bisschen beherrsche. wenn Frank mit den Kumianern redet, versteh ich so ziemlich gar nichts mehr.

aber so was interessiert ja immer nur mich, deswegen jetzt zu für meine Leserschaft spannenderen Dingen!

Frank lebt nämlich den Traum meiner Mom und beherbergt bei sich zu Haus nicht nur diverse Hühner und drei Wachhunde, sondern außerdem eine Ziege.



die Ziege wurde am ersten Tag von den Hunden des Nachbarn angefallen und muss jetzt täglich von Frank mit desinfizierender Seife gewaschen werden.



außerdem gibt es noch diverse Hühner, eins mit herzallerliebst piepsenden Küken, von denen eins gleich Clara genannt wurde.




Kumi ist ein ziemliches Dorf und sehr ADW, aber schön. die Leute tendieren eher als im Süden dazu, die traditionellen Rundhütten zu bauen. Frank versucht sich daran, als Stall für die Ziege. ich probiere derweil sein Fahrrad aus. als ich es später auf der Straße fahre, wundern sich die Kumianer: Weiße können Fahrrad fahren? Münster 4eva!

Prototyp des Dachs. 

das Beste waren aber die rock paintings, die man in der Nähe von Kumi bestaunen kann. es sind nicht direkt Höhlenmalereien, weil die Nyero Rocks eher riesige Steine sind, die in der Gegend herumliegen:


man muss erst ein bisschen herumklettern, dann kommt man zu den oben offenen Höhlen. 


der Typ rechts ist der Guide. 

die Urmenschen, die diese Malereien vor ein paar tausend Jahren angefertigt haben, beteten die Sonne als ihren Gott an. deswegen malten sie diese an ihre Wände, die Nyero Rocks waren anscheinen ein spiritueller Ort, und in "konzentrischen Kreisen", danke Tourguide.

das kann man auch hier gut sehen, eine Sonne an der Decke einer anderen Höhle:


diese Sonne ist übrigens auch auf dem ugandischen 1 000–Schilling–Schein:

coole Sache. die Metallstreben wurden von Soldaten angebracht, die die Nyero Rocks als Versteck nutzten. sie haben auch Mauern und Wände in anderen Höhlen gezogen, und richtige Zimmer und Versammlungsräume gebaut. wahrscheinlich waren die Rocks wegen der weiten Aussicht strategisch so attraktiv. 

wir sind dann nämlich noch oben auf die Steine draufgeklettern, mit Räuberleiter und barfuß wegen Rutschgefahr, und haben uns die tolle Aussicht und den Sonnenuntergang angeguckt:




mir ist da wieder einmal klar geworden, was für ein Glückspilz ich bin, nach dem Abi so etwas Tolles zu machen wie ein Auslandsjahr in Afrika. 
ich könnte jetzt auch in einem überfüllten Hörsaal sitzen, stattdessen liege ich auf einem riesig großen, warmen Felsen meterweit in der Höhe, kann kilometerweit sehen, die Sonne geht gerade unter, winzig kleine Menschen treiben ihre Rinderherden nach Haus, ich brauche nichts und kann alles, wie verdammt schön das ist. 

P.S.: nach dem Sonnenuntergang war es natürlich dunkel, weswegen ich mich beim Abstieg noch einmal ordentlich auf die Fresse gelegt habe, um den Tag gebührend abzuschließen, schadé.

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