Donnerstag, 10. November 2011

AVOID CONTACT WITH BODY FLUIDS FROM SUSPECTED EBOLA CASES

(steht hinten auf dem Shirt von Josephine aus dem Office, die gerade vor meinem Schreibtisch steht)

im Moment haben wir alle (die deutschen Freiwilligen) ein Touristenvisum, das 3 Monate hält. bei Claudius haben sie sogar was falsches draufgeschrieben und es gilt nur 2 Monate, weswegen er eine Verlängerung beantragen musste beim Immigration Office (das auch in diesem Gebäude ist). das bedeutet, sich mit lethargischen Beamten rumschlagen zu müssen, die die Hälfte der Zeit noch nichtmal verstehen, was man von ihnen will … aber ich schweife ab.

um einen special pass mit work permit zu bekommen, also ein unbegrenztes Visum inkl. Arbeitserlaubnis, sind wir Mittwoch nach Kampala gefahren, um unsere Reisepässe im Red Cross Headquarter abzugeben. nachdem wir nach einem ausgedehnten Frühstück endlich losgefahren waren, gegen Mittag (freien Tag ausnutzen!), kamen wir gegen Nachmittag dann auch endlich an. 
kleine Zwischenstory und Länderkunde, wens nicht interessiert kann ja weiterlesen, auf dem Weg zum Taxipark ist uns die ganze Zeit ein etwa 13-jähriger Junge hinterhergelaufen, ein Straßenkind, und hat gebettelt. das ist mir vorher tagsüber noch nie passiert, höchstens abends, und dieses Kind ist uns echt 20 Minuten durch die ganze Stadt gefolgt und hat gesagt, „Muzungu some money“. 
es gibt in Uganda ziemlich viele Straßenkinder, und es ist gar nicht so schwer, eins zu werden. entweder du verlierst deine Eltern, gerne an AIDS/HIV, und kommst bei anderen Verwandten nicht unter, oder du läufst weg von zu Hause, oder man wird als Mädchen schwanger und weiß nicht wohin, etc. pp., ist alles überhaupt kein Spaß hier, und wenn du Pech hast sammelt dich die Polizei auf und steckt dich ins Gefängnis, oder du wirst vergewaltigt oder gleich ermordet.  
um darauf in irgendeiner Weise klar zu kommen, ist Drogenmissbrauch unter Straßenkindern (und auch erwachsenen Obdachlosen) extrem verbreitet. Marihuana ist ziemlich billig, aber auch Benzin, Kerosin, Klebstoff, Lösungsmittel und Nagellackentferner kann man schnüffeln und die sind billiger als Essen. 
der Junge jedenfalls war extrem verschwitzt, dösig und auf irgendwas drauf. sogar als wir schon im Bus saßen, hat er ans Fenster geklopft und fast geweint. und da hart zu bleiben, in die andere Richtung zu gucken und den zu ignorieren ... nicht dass es sonst überhaupt etwas bringen würde, den reichen Muzungu raushängen zu lassen und jedem armen Menschen die Schillingmünzen zuzustecken. vor allem wenn man weiß, dass man damit den angerichteten Schaden noch vergrößert, wie in diesem Fall. aber Armut und Leid fast täglich zu sehen (und da gibt es noch ganz andere Beispiele) ist manchmal sehr schwer. manchmal muss man es aber auch erst selbst gesehen haben, um es wirklich verstehen zu können. Privilegien sind hier einfach sehr ungerecht verteilt, und der Privilegierte zu sein – wir Deutschen bekommen allein vom DRK knappe 800 000 UGX im Monat, das monatliche Durchschnittseinkommen hier liegt bei um die 300 000 UGX –, daran muss man sich erst gewöhnen. habe wohl kein angeborenes, natürliches Überlegenheitsgefühl gegenüber dem armen Gesocks, wie das manche reiche Ugander und auch manche Weiße an den Tag legen, schadé. 
(für Moni, der ja ein bisschen die ~*emotions*~ und ~*feelings*~ hier fehlten.)
nach unserer Ankunft in Kampala haben wir erst mal Claudius' Kamera aus dem Kamera-Laden abgeholt, die war kaputt und er musste mehrmals hinfahren, und immer war ein neues Problem da, nachdem das vorherige repariert war … nachdem sie dieses Mal aber endlich richtig funktionierte, strahlte Claus über alle vier Backen wie ein Honigkuchenpferd und machte vor Freude erstmal ein paar Fotos von dem uns nächstgelegen Baum. 
dann quetschten wir uns zusammen auf ein Boda, und Bodafahren in Kampala ist echt eine Klasse für sich. während im beschaulichen Jinja höchstens mal schlammige Straßen oder ein gewagtes Fahrmanöver für ein vages Gefühl des herannahenden Todes sorgen, ist diese Befürchtung in Kampala absolut gerechtfertigt.
auf der Fahrt zum Headquarter ging es noch gerade so, auch wenn Claudius Knie manchmal nur Millimeter vom nächsten Fahrzeug entfernt waren und der Fahrer auch gefühlt handbreite Lücken zum Anlass nahm, sich durchzuquetschen (zusammen mit noch drei anderen Bodas).


im schicken neuen Red-Cross-Headquarter-Gebäude haben wir dann unsere Pässe abgegeben, plus 250 $ pro Nase, an einen zufällig noch anwesenden Mitarbeiter, denn es war schon halb 5 und Levi, der Jugend-Red-Cross-Oberchef, schon weg.
später meinte jemand, dass wir das Geld vielleicht sogar gar nicht selber bezahlen müssen, hätten wir besser mal noch nicht abgeben sollen. außerdem ist Claudius dann aufgefallen, dass er ohne Reisepass gar nicht seine Freundin in Kenia besuchen kann, was er nächstes Wochenende vorhatte ...








dann hatten wir uns mit Marisa und Esra aus Entebbe verabredet, die auch wegen der Pässe in Kampala waren, und haben wieder ein Boda genommen. diesmal war es wie gesagt noch schlimmer, denn es war wohl Feierabend-Verkehr und riesiges Gedränge auf den Straßen, was das ganze Unterfangen zu einer einzigen Nahtoderfahrung machte.
und während Gedränge in Deutschland heißt, Mönsch, totaler Stau hier, warum ist schon wieder Rot wenn ich kurz vor der Kreuzung bin, und jetzt auch noch ein Fußgänger, heißt es in Uganda: hey, Verkehr kommt von links, lass mal voll rechtwinklig zu allen anderen durchfahren, oh guck der Bürgersteig ist frei, ich fahr mal drüber, zwischen dem LKW vor mit und dem Gegenverkehr sind auch noch 50 Zentimeter Platz, reicht doch. 
das ganze manchmal in Schrittgeschwindigkeit, so dass das Motorrad beinahe umkippt, dann wieder volle Möhre für etwa 10 Meter und dann Vollbremsung. das Schärfste war aber, als der Boda-Fahrer Anstalten machte, den Laster vor uns links zu überholen, und genau in dem Moment, als wir auf Höhe des Auspuffs waren, gibt der Laster Gas und Claudius bekommt die volle Ladung rußigen Abgases ab. good times.
selbst der Boda-Fahrer meinte, dass das der Verkehr echt schlimm ist. zum Glück trafen wir dann Marisa und Esra und überraschend auch Felix aus Fort Portal, aßen Pommes und machten Fotos vom Balkon des Restaurants:





































außerdem ein Foto von einem der vielen Hindu-Tempel in Uganda (es gibt ziemlich viele Inder hier). wem fällt was auf?


































und nach einem Bierchen ging es auch wieder zurück nach Hause, natürlich nicht nachdem Claudius noch einmal schnell den ganzen Taxipark nach einem Rolleggs-Stand abgesucht hatte.

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